Treffen

»Samtrote« treffen sich in Einbeck – und lernen ihre Schöpferin kennen

Bericht der Einbecker Morgenpost zum 1.Treffen der samtroten Sonderkäfer am

22. August 2015

Einbeck (ek). Rund 3.000 »samtrote« Sonderkäfer hat Volkswagen ab 1984 verkauft. Einige sind noch erhalten – in teilweise hervorragendem Zustand. Sieben davon aus Einbeck, Göttingen, Soest, Borken und Chemnitz haben sich jetzt erstmals zu einem Treffen versammelt – am Einbecker PS.SPEICHER. Organisator Marco Strohmeier aus Holtershausen hatte dazu eingeladen, und über Kontakte zur Oldtimer-Fachpresse war mit Gunhild Liljequist auch die »Erfinderin« des »Samtroten« dabei, von den Teilnehmern mit Begeisterung erwartet. Die studierte Porzellanmalerin wurde 1964 die erste Designerin bei Volkswagen, zuständig für Farben und Stoffe. Vielen Fahrzeugen hat sie während ihrer 27-jährigen Tätigkeit ihren Stempel aufgedrückt. Sie erfand Farben wie »Lofotengrün«, ihre Ideen waren beispielsweise der Golfball auf dem Schaltknopf des Golf GTI, der Jeans-Polo und die Cabrio-Sonderausstattung »Etienne Aigner«.


Sie konnte Neues und Schönes umsetzen – beim »Samtroten« wurde das besonders deutlich. »Sie sind alle meinetwegen hier?«, wunderte sich die 79-Jährige in der leuchtend roten Jacke über das große Interesse an ihrer Person und ihrem Werk. Geduldig schrieb sie Autogramme auf die Programmzettel, die die VW-Enthusiasten in Anlehnung an das damalige Werbeplakat entwickelt hatten, und sie verewigte sich mit weißem Edding auf den schwarzen Innenseiten der Handschuhfach-Deckel. Mit jedem Fahrer und Auto ließ sie sich einzeln fotografieren, warf dabei einen Blick aufs Interieur: Die Sitze des »Samtroten« hatten rote Velour-Bezüge mit blauen Streifen – und sie war entzückt, dass sie in einigen Autos noch genau so und zudem gut gepflegt erhalten waren. Die Seiten waren mit stilisierten Blättern verziert, und dass einer der Fahrer »zufällig« ein T-Shirt mit diesem Muster trug, nahm sie erstaunt zur Kenntnis. Beim Essen in der »Genusswerkstatt« berichtete sie ausführlich über die Entstehung des Sondermodells.

1984 war der luftgekühlte Käfer bei Volkswagen nur noch eine »Rand­erscheinung«, verriet sie, man kümmerte sich vorwiegend um die wassergekühlten neuen Modelle wie Golf, Polo und Passat. Der Käfer sprach nur noch die »ewigen« Käfer-Fahrer, Fahranfänger und Liebhaber an. Mit Aktionsmodellen wollte man trotzdem noch Verkaufszahlen erzielen. Gunhild Liljequist hat mit dem Team »Käfer-Aktionsmodelle« Variationen auf den westdeutschen und den europäischen Markt gebracht.

Beim »Samtroten« hatte die Designerin freie Hand:?Niemand redete der Innenraum-Spezialistin in die Entwürfe hinein, bei denen die Liebe zur Malerei deutlich wurde, und so konnte sie das Auto von der Innenausstattung über die Außenlackierung bis zum Dekor komplett selbst gestalten. Sie bezeichnet ihn deshalb bis heute als ihren schönsten Entwurf, entstanden innerhalb einer Woche. Die absolute Ausnahme war dabei, dass ihre Vorschläge ohne Änderungen genehmigt wurden. Dass dieser Wagen nach 31 Jahren immer noch von einigen Liebhabern gepflegt und auch aktiv genutzt wird, hat sie wirklich gefreut. Ein Teilnehmer war einem passend lackierten Campinganhänger angereist, zahlreiche Aufkleber zeigten, was dieses Gespann schon alles »gesehen« hat.

Am PS.SPEICHER wurde die Gruppe von Alexander Kloss, Leiter Marketing, Vertrieb, Öffentlichkeitsarbeit, begrüßt. Eine interessante Führung schloss sich an, und mit einem Eintrag ins Gästebuch dankte die Designerin für den Empfang: »Was für eine Ehre für den Samtroten.« Den Abschluss machte ein Besuch der Gruppe auf dem Marktplatz – Gunhild Liljequists erster Aufenthalt in Einbeck. »Wir hatten einen sehr schönen Tag zusammen, und wir konnten mit Frau Liljequist viele nette Gespräche führen«, berichtete Marco Strohmeier anschließend. »Sie hat sich in der Gruppe sehr wohl gefühlt«, freute er sich über das angenehme Zusammentreffen.

 

Erstes Treffen von samtroten VW Käfern am PS-Speicher

Erstes samtrotes Käfer-Treffen in Einbeck: Sogar aus Chemnitz waren Besitzer des VW-Sondermodells in den PS-Speicher gekommen. Auch Designerin Gunhild Liljequist (hintere Reihe Mitte) war unter den Gästen. Foto: Bertram

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Erstes samtrotes Käfer-Treffen in Einbeck: Sogar aus Chemnitz waren Besitzer des VW-Sondermodells in den PS-Speicher gekommen. Auch Designerin Gunhild Liljequist (hintere Reihe Mitte) war unter den Gästen.

Einbeck. „Ich liebe Rot“, sagt Gunhild Liljequist. Die 79-Jährige schreibt geduldig Autogramme auf 30 Jahre alte original Volkswagen-Prospekte - und auch auf die Klappe des Handschuhfachs eines samtroten VW Käfer.

Im Jahr 1984 hatte die VW-Designerin den Auftrag bekommen, ein Käfer-Sondermodell zu kreieren. „Es sollte etwas Hochwertiges im Innenraum sein“, erinnert sie sich. „Da bot sich roter Samt für die Sitze an, mit dunkelblauen Streifen, das fand ich ideal, das war gerade ‚in’ damals.“ Binnen einer Woche lag ihr Entwurf vor, er wurde angenommen.

„Ich hatte total freie Hand“, berichtet Liljequist. Ihr habe es Spaß gemacht, den samtroten Sonderkäfer zu gestalten. „Und wie ich heute sehe, ist es mir ja auch gelungen“, lächelt die Designerin mit Blick auf die nach Einbeck gekrabbelten roten Kultautos.

Sieben samtrote VW Käfer mit ihren Besitzern standen am Wochenende vor dem PS-Speicher. Sie kamen aus Göttingen, Soest, Borken und Chemnitz zu dem von Marco Strohmeier (Einbeck) und Achim Schwermann (Bonn) erstmals organisierten Treffen. Mittendrin, in roter Jacke: Gunhild Liljequist.

Die studierte Porzellanmalerin begann 1964 als erste Volkswagen-Designerin überhaupt ihre Karriere. 27 Jahre lang entwarf Liljequist in Wolfsburg Lacktöne, Interieurs und Accessoires für zahlreiche, heute legendäre VW-Serien- und Sondermodelle. Der samtrote VW Käfer von 1984 gehört dazu, aber auch der Golfball als Schaltknauf oder Lacke mit Farbnamen wie Marathonblau oder Lofotengrün sind echte Liljequist-Erfindungen.

Für den samtroten Sonderkäfer ließ sich die Designerin ein Blattmotiv mit auslaufenden Streifen als charakteristischen Hingucker einfallen. Sie selbst habe übrigens nie einen samtroten VW Käfer besessen, sagt Gunhild Liljequist. „Obwohl es mein Lieblingsmodell ist.“ Als Volkswagen-Mitarbeiterin habe sie immer die neuesten Modelle fahren müssen, und das war damals eben nicht mehr der Käfer, sondern der Golf.

Hintergrund: 3000 samtrote Käfer wurden verkauft

Mit immer neuen, originell ausstaffierten Sondermodellen versuchte VW den Käfer zu Beginn der 1980er Jahre attraktiv zu halten, bevor die Produktion in Mexiko 1985 eingestellt wurde. Vom samtroten Sonderkäfer wurden von August 1984 bis Mitte 1985 knapp 3000 Stück verkauft. Wie viele es heute noch gibt, ist selbst für Oldtimer-Fans schwer zu sagen. 80 Adressen hat Organisator Marco Strohmeier aus Einbeck für das erste Treffen angeschrieben, doch viele besaßen ihren samtroten Käfer schon nicht mehr. (zfb)

 

Ein Video des Treffens, erstellt von dem Journalisten Frank Bertram, finden Sie hier

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